Folgende E-Mail habe ich unter der Überschrift Ajatollah Seehofer an die Abgeordneten des Bayerischen Landtages gerichtet:

"Dieter Baldauf, Stadtdirektor a. D.

Messerschmittstr. 35

93049 Regensburg, 23. 07. 2009



Sehr geehrte Damen und Herren Landtagsabgeordnete,

Ende April ds. Jhr. wandte ich mich mit einer Eingabe an den Bayer. Landtag. Es ging mir um die Erhaltung der Stiftung und des Studienseminars St. Emmeram in Regensburg, die nach einer Entscheidung des Kultusministeriums geschlossen werden sollen.Nahezu gleichzeitig wandte ich mich deswegen auch an den Bayer. Ministerpräsidenten. Mit Schreiben vom 28. 05. 2009 ließ mir dieser durch den Staatsminister Siegfried Schneider mitteilen:

Auf Nachfrage beim Staatsministerium für Unterricht und Kultus wurde uns mitgeteilt,dass Sie in derselben Sache eine Eingabe beim Landzag eingereicht haben. Ich bitte sie daher um Verständnis, dass Herr Ministerpräsident dem Entscheidungsprozess des Landtages weder vorgreifen noch diesn beeinflussen kann.


Um diese Antwort geht es mir. Seehofer und Schneider behaupten also, der Ministerpräsident k ö n n e dem Landtag nicht vorgreifen. Man behauptet also, dass insoweit ein rechtliches Hindernis bestehe. Nun weiß jeder Jurist, dass das falsch ist. So wie das Kultusministerium die Auflösung der Stiftung und des Seminars ohne vorherige Befassung des Landtages anordnete, kann es diese Entscheidung ohne Zustimmung des Landtages auch wieder zurücknehmen. Eine Petition entfaltet insoweit keinerlei Verbotswirkung. Das wussten Seehofer und Schneider natürlich ganz genau. Aber dem zu verdummenden Staatsbürger soll suggeriert werden: Seehofer würde ja gerne für dich alles tun (und deshalb sollst du ihn bzw. seine Partei demnächst wählen), aber leider sind ihm die Hände gebunden, er kann halt nicht. Seehofer und Schneider haben also gelogen wie die Ajatollahs von Teheran.

  • Das Gleiche gilt natürlich auch für die zweite Behauptung, der Ministerpräsident k ö n n e die Entscheidung des Landtages nicht beeinflussen. Ein Ministerpräsident der Entscheidungen des Landtages nicht beeinflussen kann (z. B. durch Argumente), wäre eine völlig bedeutungslose Figur. Denn eine Staatsregierung kann ihre Politik im Wesentlichen gerade nur mit Hilfe des Landtages, dessen Mehrheit sie von der Richtigkeit dieser Politik überzeugen und damit natürlich beeinflussen muss, durchsetzen. Die Behauptung,man könne den Landtag nicht beeinflussen, ist also ein dreister Versuch der Volksverdummung. Hätte Seehofer unter Angabe von Gründen erklärt, er w o l l e dem Landtag nicht vorgreifen und dessen Entscheidung auch nicht beeinflussen, so hätte man darüber ( und insbesondere über Seehofers politische Qualitäten) diskutieren können. Charakterlosigkeit aber kann man nur feststellen.



    • Vor kurzem habe ich wegen der grob mangelhaften Behandlung meiner Petition durch die Landtagsverwaltung Dienstaufsichtsbeschwerde an die Landtagspräsidentin erhoben. Zu meiner Überraschung erhielt ich daraufhin einen emotionsgeladenen Brief von dem MdL Graf Lerchenfeld mit der Aufforderung, ich solle mich wegen meiner Dienstaufsichtsbeschwerde entschuldigen und diese zurücknehmen. Darüber war ich sehr verwundert. Unterliege ich den Weisungen des Grafen? Gehört Lerchenfeld zur Landtagsverwaltung? Hält er die Landtagspräsidentin für zu dumm für die Behandlung einer Dienstaufsichtsbeschwerde? Den Vogel schoss er aber mit der Behauptung ab, ich hätte mit meiner Beschwerde meinem Petitionsanliegen einen Bärendienst erwiesen. In seiner intelligenzmäßigen Beschränkung hat der Graf gar nicht gemerkt, dass er mit dieser seiner Behauptung seine Ausschusskollegen beschuldigt hat, sie würden über die Petition völlig unsachlich entscheiden. Darin mag er sogar recht haben.

Ihnen allen empfehle ich die aufmerksame Lektüre des Buches von Wilhelm Schlötterer – übrigens CSU-Mitglied -: „Macht und Missbrauch – Franz Josef Strauß und seine Nachfolger – Aufzeichnungen eines Ministerialbeamten“: „All das führte dazu, dass unter Strauß, Streibl und Stoiber das Recht entgleiste“ (S. 367). „Die Werteskala hat sich unter Horst Seehofer als neuem CSU-Chef keineswegs geändert.“ (S. 405) Aber die Menschen sind nicht mehr so dumm, alles, was seitens der CSU geschieht, völlig unbesehen hinzunehmen. Die Untersuchung, die die CSU nach der für sie verlustreichen Landtagswahl von 2008 in Auftrag gegeben, aber offenbar keineswegs beherzigt hat, ergab: Alle Bayern halten die CSU für arrogant (so wie es der Graf Lerchenfeld oder der Kultusminister Spaenle ist, der es für unter seiner Würde hielt, auf eine Eingabe der Stiftung St. Emmeram auch nur zu antworten – übrigens außer einer Unhöflichkeit auch eine dreiste Rechtsverletzung). Drei Viertel halten die CSU für verfilzt. Weniger als die Hälfte hält sie für glaubwürdig. So wie ich die Lügner Seehofer und Schneider nicht für glaubwürdig halte. Dieser Tage schrieb eine italienische Zeitung – mit Bezug auf den italienischen Ministerpräsidenten Berlusconi – zutreffend: „Es sollte inzwischen klar geworden sein, dass, wer lügt - wozu und worüber auch immer – eine Gefahr für Freiheit und Demokratie darstellt.“ Ich warne davor, die aus früheren Zeiten gewohnten verlogenen, arroganten und auf Volksverdummung setzenden Praktiken fortzusetzen.

Vielleicht hält dies langsam sogar die CSU-Basis für falsch, wie die Wahlergebnisse auf dem letzten CSU-Parteitag gezeigt haben.



Mit freundlichen Grüßen



Dieter Baldauf

PS: Ich bin gespannt, ob man gegen mich Strafantrag erstatten wird."

anmerkung: Bei dem Grafen Lerchenfeld handelt es sich um denselben Landtagsabgeordneten, der zuletzt für seinen landwirtschaftlichen  Betrieb EU-Zuschüsse in Höhe von 145 000 Euro erhalten hat, diesen Nebenerwerb aber dem Landtag nicht angegeben hat.